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Mündliche kompetenzorientierte Reifeprüfung in den Lebenden Fremdsprachen – alternative Prüfungsform

2022-0.676.328
BMBWF - I/4 (Allgemein bildende höhere Schulen)
Mag.a Anna Lasselsberger, MBA
Sachbearbeiterin

+43 1 531 20-2528
Minoritenplatz 5, 1010 Wien

Rundschreiben Nr. 27/2022 (BMBWF)

Titel: Mündliche kompetenzorientierte Reifeprüfung in den Lebenden Fremdsprachen – alternative Prüfungsform
Rundschreiben Nr.: 27/2022
Sachgebiet: Pädagogische Angelegenheiten; Schulrecht
Verteilerkreis: alle allgemein bildenden höheren Schulen (AHS)
Personenkreis: Direktor/innen und Pädagog/innen
Geltung: Schuljahr 2022/23
Rechtsgrundlage: Schulunterrichtsgesetz, Prüfungsordnung AHS, Prüfungsordnung AHS-B
Kernaussagen/Ziele: Richtlinien zur Durchführung einer alternativen Prüfungsform bei der mündlichen Reifeprüfung in den Lebenden Fremdsprachen
Ort und Zeitpunkt der Genehmigung: Wien, 16.11.2022
Zeitliche Priorisierung: Das Rundschreiben muss innerhalb von 24 Stunden nach Einlangen von den Bildungsdirektionen an die Schulen übermittelt werden.
Veröffentlichende Stelle: BMBWF

1 Allgemeines

Der Schulversuch „Standardisierte kompetenzorientierte mündliche Reifeprüfung in den Lebenden Fremdsprachen“ (kurz: „LFS mündlich alternativ“) wird mit dem Schuljahr 2022/23 ins Regelschulwesen überführt (Rechtsgrundlage: BGBl. I Nr. 170/2021, BGBl. II Nr. 175/2022).

Die alternative Prüfungsform in den mündlichen Prüfungen für die Lebenden Fremdsprachen erfolgt für einzelne Klassen oder Sprachgruppen und wird auf Antrag einer Lehrperson durch die Schulleitung nach Anhörung des Schulgemeinschaftsausschusses festgelegt. Die Schulleitung hat innerhalb der ersten acht Wochen der letzten Schulstufe eine Verordnung zu erlassen und gemäß § 79 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 in der geltenden Fassung kundzumachen.1

2 Themenbereiche und Aufgabenstellungen

Die Festlegung der Anzahl geeigneter Themenbereiche (Themenpool)2 obliegt der Fachlehrer/innen/konferenz, die durch die Schulleitung einberufen wird. Die Aufgabenstellungen werden durch den Prüfer/die Prüferin erarbeitet.3

Themenbereiche und Aufgabenstellungen haben sich an den Vorgaben des Lehrplans und den im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeR) definierten Lebensbereichen (Domänen) und Situationen zu orientieren.

In den Prüfungsgebieten „Lebende Fremdsprache“ haben die Aufgabenstellungen je eine monologische und eine dialogische Aufgabenstellung zu erhalten.4 Das heißt, der Fertigkeitsbereich Sprechen unterteilt sich in die Teilkompetenzen „Zusammenhängendes Sprechen“ (= monologischer Teil) und „An Gesprächen teilnehmen“ (= dialogischer Teil). Zur Feststellung der Kompetenzen der Prüfungskandidat/innen5 in beiden Teilfertigkeiten werden zwei getrennte Aufgaben gestellt.

3 Alternative Prüfungsform: Gespräch zwischen Prüfungskandidat/in und Prüfungskandidat/in

Auf Grundlage von § 27 Abs. 5 Prüfungsordnung AHS bzw. § 19 Abs. 5 Prüfungsordnung AHS-B kann der dialogische Teil nicht nur als Gespräch zwischen Prüfer/in und Kandidat/in, sondern auch als Gespräch zwischen zwei Prüfungskandidat/inn/en durchgeführt werden.

3.1 Rolle von Prüfer/in und Beisitzer/in

Die Prüfung wird von zwei Fachlehrer/inne/n durchgeführt, von einer Prüferin/einem Prüfer und einer Beisitzerin/einem Beisitzer, deren Rollen wie folgt definiert sind:

  • Die Prüferin/der Prüfer übernimmt die Beobachterrolle und ist für die genaue analytische Betrachtung zuständig. Sie/Er konzentriert sich vollständig auf die Bewertung der erbrachten Leistungen.
  • Die Beisitzerin/der Beisitzer agiert sowohl im monologischen als auch im dialogischen Teil als Moderatorin/Moderator (= Interlokutorin/Interlokutor) und ist für die holistische Betrachtung zuständig. Die Interlokutorin/der Interlokutor darf mit ihrem/seinem Verhalten die Qualität der von den Prüfungskandidat/inn/en erbrachten Leistungen nicht beeinflussen. Für jeden Teil der Prüfung ist es notwendig, einen Interlokutorenbogen zur Gesprächsführung vorbereitet zu haben (z. B. Ankündigung von Beginn und Ende des Prüfungsteiles).

3.2 Wahl der Gesprächspartner/innen

Für das Gespräch zwischen den Kandidat/inn/en sollen sich die Kandidat/inn/en nach Möglichkeit ihre Partnerin/ihren Partner selbst wählen. Bei einer ungeraden Zahl an Kandidat/inn/en stellt sich eine Kandidatin/ein Kandidat ein weiteres Mal freiwillig als Gesprächspartner/in zur Verfügung, wobei das Gespräch für die Freiwillige/den Freiwilligen nicht als Prüfung gilt und auch nicht beurteilt wird.

Für den Fall, dass sich keine Kandidatin/kein Kandidat freiwillig zur Verfügung stellt, wird der Kandidatin/dem Kandidaten von der Schulleiterin/vom Schulleiter für den dialogischen Teil eine fachkundige Lehrperson als Gesprächspartner/in zugeteilt. Die gleiche Vorgangsweise ist anzuwenden, falls eine/r der beiden Kandidat/inn/en zur Prüfung nicht antritt; dies gilt auch für die Nebentermine.

3.3 Durchführung und Gestaltung der mündlichen Prüfung

Ablauf

Zuerst absolvieren die beiden Kandidat/inn/en jeweils den monologischen Teil, unmittelbar danach gemeinsam den dialogischen Teil.

Aufgabenstellung 1: Zusammenhängendes Sprechen

Für diesen Prüfungsteil zieht zunächst die Kandidatin A/der Kandidat A und vor Beginn ihrer/seiner eigenen Vorbereitungszeit die Kandidatin B/der Kandidat B jeweils zwei Themenbereiche aus dem vollen Themenpool, von denen sie/er einen wählt. Die Prüferin/der Prüfer legt dazu eine Aufgabe vor. Der monologische Sprechauftrag soll Bilder, Kurzzitate, Grafiken oder Videos beinhalten, auf die die Kandidatin/der Kandidat eingehen muss. Die Aufgabe muss in drei Unterpunkte gegliedert sein. Zur Formulierung der Unterpunkte sollen Operatoren verwendet werden. Da das monologische Sprechen überprüft wird, sollen weder durch Interlokutor/in noch durch Prüfer/in Zwischenfragen gestellt werden bzw. Hinweise gegeben werden. Die Interlokutorin/der Interlokutor unterstützt die Bearbeitung der Aufgabenstellung nur im Rahmen der Möglichkeiten einer Moderatorin/eines Moderators (siehe Interlokutorenbogen).

Die beiden Kandidat/inn/en absolvieren unmittelbar hintereinander den monologischen Teil.

Die von den beiden Kandidat/inn/en im monologischen Teil bearbeiteten Themenbereiche werden vor der Wahl des Themenbereiches für den dialogischen Teil nicht mehr in den Themenpool zurückgelegt, sondern erst nach Beendigung der gesamten Prüfung (inklusive dem dialogischen Teil) für die nachfolgenden Kandidat/innen.

Aufgabenstellung 2: An Gesprächen teilnehmen

Nachdem jede/r der beiden Kandidat/inn/en die monologische Teilprüfung abgelegt hat, absolvieren beide gemeinsam den dialogischen Teil.

Sie ziehen insgesamt drei Themenbereiche aus dem Themenpool. Jede/r der beiden Kandidat/inn/en hat die Möglichkeit, einen dieser Themenbereiche abzuwählen. Wählen beide Kandidat/inn/en denselben Themenbereich ab, entscheidet die Prüferin/der Prüfer, welcher der beiden verbliebenen Themenbereiche Prüfungsthema ist und legt dazu eine Aufgabe vor.

Eine Testaufgabe soll eine authentische Handlung in der Fremdsprache ermöglichen; es soll vor allem spontane kommunikative Sprachkompetenz zu einer nicht vorbereiteten Aufgabe überprüft werden.

Der dialogische Sprechauftrag muss (auf Niveau A2 sofern möglich) ergebnisorientiert und in fünf Unterpunkte („bullet points“) gegliedert sein. Ergebnisorientiert bedeutet, dass der Sprechauftrag zum Erreichen einer Einigung bzw. eines Resultats auffordert. Die fünf Unterpunkte müssen den Kandidat/inn/en die Möglichkeit geben, möglichst ausgewogen miteinander zu kommunizieren und die Fragestellung aus ihrer persönlichen Sicht zu beantworten. Die Gestaltung der Aufgabe und der fünf Unterpunkte muss gewährleisten, dass die zur Verfügung stehende Prüfungszeit ausgeschöpft werden kann.

Die Interlokutorin/der Interlokutor hat dafür zu sorgen, dass beiden Kandidat/inn/en eine etwa gleich lange Sprechzeit zur Verfügung steht.

In beiden Prüfungsteilen ist die Verwendung von Wörterbüchern nicht gestattet.

Zeitstruktur

Für die gesamte mündliche Teilprüfung ist je Prüfungskandidatin oder je Prüfungskandidat nicht mehr Zeit zu verwenden, als für die Gewinnung einer sicheren Beurteilung erforderlich ist. Die Prüfungsdauer darf dabei je Prüfungskandidatin oder je Prüfungskandidat zehn Minuten nicht unterschreiten und 20 Minuten nicht überschreiten.

Die Vorbereitungszeit für die Fragestellung zur Fertigkeit „Zusammenhängendes Sprechen“ (erste Fragestellung) beträgt mindestens 10 Minuten.

Für das „Zusammenhängende Sprechen“ hat sich auf Grundlage des Lehrplans in der Praxis bewährt, wenn

5 Minuten auf dem Kompetenzniveau B2
4 Minuten auf dem Kompetenzniveau B1
3 Minuten auf dem Kompetenzniveau A2

zur Verfügung stehen.

Für den Sprechauftrag zur Fertigkeit „An Gesprächen teilnehmen“ haben die Kandidat/inn/en mindestens fünf Minuten Zeit zur Vorbereitung, in denen sie den Sprechauftrag individuell durchlesen und sich bei Bedarf individuell Notizen machen können. Es findet keine Abstimmung über die Gesprächsführung bzw. inhaltlichen Aspekten zwischen den Gesprächspartner/inne/n statt.

Für den Teilbereich „An Gesprächen teilnehmen“ hat sich auf Grundlage des Lehrplans in der Praxis bewährt, wenn beiden Kandidat/inn/en insgesamt

10 Minuten auf dem Kompetenzniveau B2
8 Minuten auf dem Kompetenzniveau B1
7 Minuten auf dem Kompetenzniveau A2

zur Verfügung stehen.

3.4 Beurteilung

Unter Bedachtnahme auf die im Lehrplan formulierten Ziele soll insbesondere sichergestellt werden, dass die kommunikative Sprach- und Sprechkompetenz überprüft wird. Für die Erstellung eines begründeten Antrags zur Beurteilung stehen der Prüferin/dem Prüfer und der Beisitzerin/dem Beisitzer Beobachtungsbögen zur Verfügung. Beide Kandidat/inn/en müssen individuell beurteilt werden. Für eine positive Gesamtbeurteilung muss das Kriterium der Aufgabenstellung sowohl im monologischen als auch im dialogischen Teil positiv erfüllt sein. Darüber hinaus fließen die Leistungen der beiden Teilbereiche gleichwertig in die Beurteilung ein.

Wien, 16. November 2022

Für den Bundesminister:
SektChefin Doris Wagner, BEd MEd


1 § 27 Abs. 5 Prüfungsordnung AHS, § 19 Abs. 5 Prüfungsordnung AHS-B
2 § 28 Abs. 1 und 2 Prüfungsordnung AHS, § 20 Abs. 1 Prüfungsordnung AHS-B
3 § 29 Prüfungsordnung AHS, § 21 Prüfungsordnung AHS-B
4 § 29 Abs. 4 Prüfungsordnung AHS, § 21 Abs. 4 Prüfungsordnung AHS-B
5 Schulunterrichtsgesetz und Prüfungsordnung sprechen von Prüfungskandidat/inn/en

Zugeordnete/s Sachgebiet/e

Pädagogische Angelegenheiten, Schulrecht