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Kompetenzorientierte Durchführung der Teilprüfungen zur Berufsreifeprüfung: Leitfäden

BMUKK-33.242/0098-II/EB/2011
SachbearbeiterIn: Mag. Martin Netzer
Abteilung: Bereichsleitung Erwachsenenbildung
E-Mail: martin.netzer@bmukk.gv.at
T +43 1 53120-2510
F +43 1 53120-81251

Verteiler: Alle Landesschulräte/SSR für Wien
Externistenprüfungskommissionen zur Berufsreifeprüfung
Anerkannte Einrichtungen der Erwachsenenbildung
Sachgebiet: Berufsreifeprüfung
Inhalt: Umsetzung der kompetenzbasierten Curricula im Rahmen der Reifeprüfung an Externistenprüfungskommissionen und anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung
Geltung: unbefristet
Rechtsgrundlage: Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung – BRPG, BGBl. I Nr. 68/1997 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 32/2011
Berufsreifeprüfungscurricularverordnung – BRPCV, BGBl. II Nr. 40/2010

Rundschreiben 18/2011 (BMBWF)

Auf Grund der pädagogischen Rahmenbedingungen sowie der erwachsenengerechten Zielsetzungen, die in der Berufsreifeprüfungscurricularverordnung – BRPCV, BGBl. II Nr. 40/2010 festgelegt wurden, ist auch die Durchführung der abschließenden Teilprüfungen entsprechend zu adaptieren und kompetenzorientiert auszugestalten.

Das vorliegende Rundschreiben verankert die Leitfäden für die kompetenzorientierte Durchführung der Berufsreifeprüfung in Deutsch, Englisch und Mathematik als gemeinsame Referenzdokumente für anerkannte Einrichtungen der Erwachsenenbildung, für die Externistenprüfungskommissionen sowie die Schulbehörde erster und zweiter Instanz, um ein optimales Zusammenwirken der verschiedenen Akteure und Institutionen sicherzustellen und um für die KandidatInnen einen kohärenten pädagogischen Rahmen von der Eingangsberatung über den Besuch eines Vorbereitungslehrgangs bis hin zur Leistungsfeststellung zu gewährleisten.

1. Pädagogische Zielsetzungen

Die Leitfäden für die kompetenzorientierte Durchführung der Berufsreifeprüfung wenden die Bestimmungen der Berufsreifeprüfungscurricularverordnung (BRPCV, BGBl. II Nr. 40/2010) auf die Teilprüfungen in Deutsch, Englisch und Mathematik an und tragen somit den pädagogischen Zielsetzungen Rechnung, die in der BRPCV im Hinblick auf das spezifische Anforderungsprofil der Berufsreifeprüfung festgelegt worden sind.

Somit leisten die Leitfäden einen maßgeblichen Beitrag, um

  1. das generelle Bildungsziel der Berufsreifeprüfung zu erreichen;
  2. die Fokussierung auf kognitive und spezifische Handlungskompetenzen bei den abschließenden Prüfungen zu gewährleisten;
  3. die durchgehend erwachsenengerechte Umsetzung der Berufsreifeprüfung von der Vorbereitung bis zur Absolvierung der jeweiligen Teilprüfung sicherzustellen;
  4. die Informationspflicht gegenüber den Prüfungswerberinnen und Prüfungswerbern bezüglich der gestellten Anforderungen zu erfüllen.

1.1 Bildungsziel

Bildungsziel der Berufsreifeprüfung ist die Vermittlung von kognitiven und spezifischen Handlungskompetenzen entsprechend den Anforderungen des Bundesgesetzes über die Berufsreifeprüfung (siehe Rundschreiben Nr. 14/2011 Z 2), wobei auf das Wissen und die Kenntnisse, die im Rahmen der bisherigen Bildungs- und Berufslaufbahn der Kandidatinnen und Kandidaten erworben wurde, aufzubauen ist (BGBl. II Nr. 40/2010, § 3).

Im Hinblick auf die abschließenden Teilprüfungen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Prüfungsaufgaben so auszugestalten, dass die Kandidatinnen und Kandidaten ihre spezifischen Handlungskompetenzen im Sinne des zu erreichenden Bildungsziels tatsächlich ausreichend unter Beweis stellen können. Ganz besonders im Rahmen mündlicher Prüfungen oder mündlicher Prüfungsteile wird in hohem Maße auf das persönliche Kompetenzprofil der Kandidatinnen und Kandidaten abzuzielen sein, das wesentlich von konkreten beruflichen und altersgruppenspezifischen Erfahrungen geprägt ist.

Eine valide Beurteilungsmöglichkeit über die Erreichung des Bildungsziels ist nur dann gegeben, wenn gewährleistet ist, dass die Kandidatinnen und Kandidaten ihre Kenntnisse und Fertigkeiten sowie ihre personalen, sozialen und methodischen Fähigkeiten im Rahmen der jeweiligen Teilprüfung einbringen und angesichts einer spezifischen Aufgabenstellung lösungsorientiert anwenden können.

1.2 Kompetenzorientierung

Die Kompetenzorientierung zielt darauf ab, dass erworbenes Wissen und Können für die Bearbeitung und Lösung auch neuartiger Aufgaben des jeweiligen fachlichen Umfelds zur Verfügung stehen und dass in Anknüpfung an die persönlichen Fertigkeiten und Erfahrungen der Prüfungswerberinnen und Prüfungswerber auch die intrinsische Motivation zur selbstständigen Problemlösung nachhaltig gefördert wird. Der Fokus der pädagogischen Bemühungen beschränkt sich deshalb nicht auf Inhalte, die erarbeitet werden sollen, sondern vorrangiges Ziel der pädagogischen Bemühungen ist es, die Kompetenzen der Kandidatinnen und Kandidaten auszubauen und damit deren persönlichen Handlungsradius nachhaltig zu erweitern. Für den Lern- und Prüfungserfolg ausschlaggebend ist somit nicht die Reproduktion des jeweiligen fachlichen Inputs, sondern die Fähigkeit zur selbstständigen Anwendung von erworbenem Wissen bzw. angeeigneten Fertigkeiten in einem spezifischen, auf konkrete Handlungssituationen bezogenen Kontext, d.h. der individuelle Output. Dieser Anforderung muss in der Vorbereitung mit einem geeigneten, kompetenzbasierten Unterricht Rechnung getragen werden. Im Rahmen der abschließenden Prüfungen müssen die Aufgaben so gestaltet sein, dass dadurch entsprechende Kompetenzen entfaltet und vor dem Hintergrund konkreter handlungsrelevanter Zusammenhänge nachgewiesen werden können.

1.3 Erwachsenengerechte Vorbereitung und Prüfungsgestaltung

Um der im Zusammenhang mit der Berufsreifeprüfung geforderten Kompetenz- und Output-Orientierung tatsächlich gerecht werden zu können, muss die Wissensvermittlung durchgehend erwachsenengerecht erfolgen, wobei nicht nur an die theoretischen Vorkenntnisse, sondern gemäß BGBl. II Nr. 40/2010, § 3 Abs. 2 auch an die konkreten jeweiligen beruflichen Vorerfahrungen der Prüfungswerberinnen und Prüfungswerber anzuknüpfen ist.

Im Sinne einer durchgehenden pädagogischen Zielsetzung der Berufsreifeprüfung ist dieser erwachsenengerechte Ansatz auch bei der Durchführung der einzelnen Teilprüfungen so weit wie möglich zu befolgen und somit für die Formulierung der Aufgabenstellungen der Teilprüfungen und für die Gestaltung der mündlichen Prüfungssituationen relevant.

1.4 Information der Kandidatinnen und Kandidaten

Die erwachsenengerechte Durchführung der Vorbereitungslehrgänge bzw. der entsprechenden Teilprüfungen impliziert, dass den Kandidatinnen und Kandidaten frühzeitig entsprechend aussagekräftige Informationen zur Verfügung gestellt werden. Gemäß BGBl. II Nr. 40/2010 § 4 sind den Prüfungswerberinnen und Prüfungswerbern im Falle eines Besuchs eines Vorbereitungslehrgangs an einer Erwachsenenbildungseinrichtung die im Hinblick auf die Kompetenzorientierung gestellten Anforderungen bereits zu Beginn des Lehrgangs zur Kenntnis zu bringen.

Im Falle einer Externistenprüfung muss diese Information in Entsprechung der genannten Bestimmung spätestens im Zuge der Anmeldung zur Externistenprüfung erfolgen, um den Prüfungswerberinnen und Prüfungswerbern eine angemessene Vorbereitung zu ermöglichen. Idealerweise werden die Informationen jedoch bereits im Vorfeld in geeigneter Form und für die Kandidatinnen und Kandidaten leicht auffindbar bereitgestellt, wie z.B. über Internet (Allgemeine Angaben zu Prüfungsanforderungen und –modalitäten, Prüfungsaufgaben von vorangegangenen Prüfungsterminen u.ä.).

2. Organisatorische Zielsetzungen

Indem die Leitfäden das gemeinsame Referenzdokument für Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Externistenprüfungskommissionen, die Schulaufsicht und die Prüfungswerberinnen und Prüfungswerber darstellen, können auch wesentliche organisatorische Vereinfachungen erzielt werden.

2.1 Verbesserung bei Beratung und Information der KandidatInnen

Sowohl die Einrichtungen der Erwachsenenbildung als auch die Externistenprüfungskommissionen werden mit den Leitfäden in die Lage versetzt, die gestellten Anforderungen transparent und institutionenübergreifend darzustellen und ihre Informations- und Beratungsangebote auf einheitliche Kriterien aufzubauen. Indem die Erwachsenenbildungseinrichtungen und Externistenprüfungskommissionen den Kandidatinnen und Kandidaten die Leitfäden zur Gänze oder in den jeweils relevanten Textauszügen zugänglich machen, kann der tatsächliche Aufwand für Beratungen und Informationsgespräche in beiden Institutionen deutlich verringert werden.

2.2 Kommunikationserleichterung Erwachsenenbildung und Externistenprüfungskommissionen

Die Kommunikation zwischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung und den Externistenprüfungskommissionen bezüglich der spezifischen Prüfungsanforderungen wird durch die Leitfäden wesentlich vereinfacht, indem nunmehr beide Institutionen unter Berücksichtigung der jeweils geltenden besonderen Bestimmungen einen gemeinsamen Rahmen für die Prüfungsvorbereitung und –durchführung vorfinden, der dem kompetenzbasierten Curriculum Rechnung trägt. Durch den Einsatz der Leitfäden sowohl in den Erwachsenenbildungseinrichtungen als auch an den Externistenprüfungskommissionen beschränkt sich die notwendige Abstimmung auf die Klärung etwaiger thematischer Schwerpunkte oder spezifischer Durchführungsmodalitäten, wohingegen der pädagogische und organisatorische Gesamtrahmen vorgegeben und für beide Institutionen einheitlich ist.

2.3 Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen Schulaufsicht und Prüfungskommissionen

Die Zusammenarbeit der jeweiligen Landesschulbehörde bzw. des SSR für Wien mit den Erwachsenenbildungseinrichtungen und den Externistenprüfungskommissionen wird durch die Leitfäden gleichfalls wesentlich vereinfacht und auf eine einheitliche, transparente Basis gestellt. Die Leitfäden bilden den gemeinsamen qualitativen und formalen Bezugsrahmen für die Landesschulbehörde/SSR für Wien und die anerkannten Erwachsenenbildungs-einrichtungen bei der Erstellung bzw. Bewertung der Prüfungsaufgaben, die der Landesschulbehörde/SSR für Wien von den anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung vorzulegen sind.

Dasselbe gilt für die Zusammenarbeit zwischen Landesschulbehörde/SSR für Wien und den Externistenprüfungskommissionen. Im Sinne einer einheitlichen, erwachsenengerechten und qualitativ abgesicherten Umsetzung der kompetenzbasierten Curricula für die Berufsreifeprüfung bieten die Leitfäden den gemeinsamen Bezugsrahmen für die Erstellung der Prüfungsaufgaben an den Externistenprüfungskommissionen der verschiedenen Schularten. Auf diese Weise erhöhen die Leitfäden die Transparenz und Vergleichbarkeit der Prüfungen und tragen maßgeblich zur schulartenübergreifenden qualitativen Standardisierung bei.

2.4 Orientierungsstandards für Prüfungsvorsitzende

Für die Vorsitzenden der jeweiligen Prüfungskommissionen bringen die Leitfäden mehr Sicherheit in pädagogischer und formaler Hinsicht, indem sie als gemeinsames Referenzdokument aller beteiligten Akteure die Bewertung qualitativer und/oder formaler Abweichungen bei der Prüfungsdurchführung erleichtern und die Etablierung qualitativer Standards und einheitlicher Rahmenbedingungen ermöglichen.

3. Zusammenhang mit der standardisierten Reifeprüfung

Die Leitfäden in Deutsch, Englisch und Mathematik sind das Ergebnis eines mehrmonatigen Arbeits- und Austauschprozesses von Vortragenden bzw. Prüferinnen und Prüfern aus dem Bereich der Erwachsenenbildung, Mitgliedern verschiedener Externistenprüfungs-kommissionen, Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Bildungsstandard-Arbeitsgruppen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (bifie) sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schulbehörde erster Instanz und des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur.

Da auf die Teilprüfungen zur Berufsreifeprüfung gemäß BRP-Gesetz § 6 Abs. 1 (BGBl. I Nr. 32/2011) ab 1. April 2016 die Bestimmungen zur standardisierten Reifeprüfung anzuwenden sind, wurde mit den Leitfäden zur kompetenzorientierten Durchführung der Teilprüfungen zur Berufsreifeprüfung allen aktuell absehbaren Prinzipien und qualitativen Kriterien Rechnung getragen, die ab 2016 zu erfüllen sein werden.

Mit dieser Vorgangsweise soll sowohl den Prüferinnen und Prüfern im Bereich der Externistenprüfungskommissionen als auch den Prüferinnen und Prüfern an den anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung der Umstieg auf die standardisierte Reifeprüfung erleichtert und ein entsprechender Qualitätsentwicklungsprozess angestoßen werden.

4. Gültigkeit der Leitfäden und weitere Umsetzung

4.1 Umsetzung der Leitfäden ab 1. Juni 2012

Die Leitfäden bilden für alle Prüfungstermine ab 1. Juni 2012 die gemeinsame Grundlage für Externistenprüfungskommissionen und anerkannte Einrichtungen der Erwachsenenbildung bei der Durchführung der Teilprüfungen in Deutsch, Englisch und Mathematik. Im Sinne eines pädagogisch sinnvollen Übergangszeitraums bis 31. Jänner 2013 ist jedoch auf den spezifischen Vorbereitungsstatus der Kandidatinnen und Kandidaten Rücksicht zu nehmen. KandidatInnen, die eine Teilprüfung wiederholen, sollte deshalb bis Jänner 2013 die Möglichkeit eingeräumt werden, bei Bedarf auch nach jenem Prüfungsmodus geprüft zu werden, der bei dem bereits erfolgten früheren Prüfungsantritt Gültigkeit hatte.

4.2 Zusammenhang mit dem Lehrplan der jeweiligen Schulart (Externistenprüfungen) bzw. mit dem Lehr- oder Studienplan (Anerkannte Lehrgänge an Einrichtungen der Erwachsenenbildung)

Die Leitfäden stellen das gemeinsame Referenzdokument zur kompetenzorientierten Durchführung der Teilprüfungen zur Berufsreifeprüfung für sämtliche anerkannten Lehrgänge der Erwachsenenbildung und sämtliche in diesem Bereich angesiedelten Externistenprüfungskommissionen dar, und zwar unabhängig davon, an welcher Schulart die jeweilige Externistenprüfungskommission konkret eingerichtet ist und welche spezifische Ausrichtung der anerkannte Lehrgang einer Erwachsenenbildungseinrichtung hat.

Im Sinne der gemäß BGBl. II Nr. 40/2010 geforderten Kompetenzorientierung der Berufsreifeprüfung ist das allgemeine Bildungsziel der Berufsreifeprüfung, wie es in den Leitfäden seinen Niederschlag findet, in jedem Fall bei der Gestaltung und Durchführung der einzelnen Teilprüfungen in den Vordergrund zu stellen. Der Fokus liegt somit nicht auf schularten- oder lehrplanabhängigen Inhalten, sondern auf grundlegenden kognitiven und spezifischen Handlungskompetenzen, die im Rahmen jeder Schulart bzw. jedes zu einer Reifeprüfung führenden Lehrplans methodisch und didaktisch abdeckbar sind.

4.3 Aktualisierung der Leitfäden ab 2014

Die Leitfäden zur kompetenzorientierten Durchführung der Teilprüfungen zur Berufsreifeprüfung legen Richtlinien zur Erstellung von Klausuren und mündlichen Teilprüfungen bzw. Prüfungsteilen bis zur Einführung der standardisierten Reifeprüfung ab
1. April 2016 fest.

Die Leitfäden sollen jedoch voraussichtlich im Jahr 2014 überarbeitet und entsprechend den dann vorliegenden Erfahrungswerten und konkreteren Bestimmungen zur standardisierten Reifeprüfung adaptiert werden.

Wien, den 03. November 2011

Für die Bundesministerin:
Mag. Martin Netzer

Anlagen:

Aktualisierte Leitfäden

Zugeordnete/s Sachgebiet/e

Schulrecht