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Ausser Kraft getreten

Erlaß des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst zur besseren Förderung des Büchereiwesens (Volksbüchereiwesen)

Außer Kraft getreten (Zuständigkeit im Bundeskanzleramt)

GZ 30.000/17-V/D/94
Sachbearbeiterin:
VB Renate Pölzl
Tel.: 53120/4601

Rundschreiben Nr. 18/1994 (BMBWF)

Verteiler VI; N
Sachgebiet: Erwachsenenbildung - Volksbüchereiwesen
Inhalt: Förderung des Büchereiwesens, Maßnahmen, Richtlinien
Geltung: unbefristet
Angesprochene Personen: Leiter der Förderungsstellen des Bundes, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Büchereistellen innerhalb der Förderungsstellen

An alle Leiter der Förderungsstellen
des Bundes für Erwachsenenbildung sowie
an alle Leiter und Leiterinnen der
Büchereistellen innerhalb der Förderungsstellen des Bundes

Grundsätzliches:

  1. Das österreichische Büchereiwesen ist örtlich und regional sehr verschieden entwickelt, überwiegend aber durch geringe Professionalität und strukturelle Schwächen im hohen Maße gekennzeichnet. Rechtliche Regelungen in diesem Bereich müssen deshalb eine kontinuierliche Strukturreform sowie eine systematische Neugestaltung des Büchereiwesens beinhalten und intendieren.
  2. Die Einheit des gesamten Weiterbildungssektors soll gewahrt bleiben. Rechtliche Regelungen haben deshalb die enge Kooperation des Büchereiwesens mit den Weiterbildungsmaßnahmen für Erwachsene zum Ziel. Darüber hinaus ist die Aufgabe der Literaritätsförderung für alle Altersgruppen zu berücksichtigen.
  3. Nach dem Vorbild angelsächsischer Länder sollten, neben der Verbesserung bestehender Strukturen, zusätzlich Möglichkeiten der Verknüpfung leistungsfähiger zentraler Bibliotheken mit regionalen und lokalen Einrichtungen des Büchereiwesens und der Weiterbildung zum Zweck eines umfassenden Zugangs der Bevölkerung zu Büchern und Informationsangeboten geschaffen werden.
    Bei der Einrichtung regionaler und lokaler Bildungs- und Kulturzentren wäre eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zugunsten der Träger anzustreben.
    In diesem Zusammenhang wäre die Schaffung völlig neuer Strukturen mit regionalen Bildungszentren, Arbeits- und Studienbibliotheken, Kooperation des Büchereiwesens mit Maßnahmen der schulischen und außerschulischen Aus- und Weiterbildung des 2. Bildungsweges, des Fernunterrichtes und Selbststudiums unter Einsatz moderner Technologien und Unterstützung vorhandener Kapazitäten des Büchereiwesens anzustreben. Darüber hinaus sollen im Zusammenhang mit Schulneubauten integrierte Bibliotheken für Erwachsene, Kinder und Jugendliche geschaffen werden.

Maßnahmen des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst zur besseren Förderung des Büchereiwesens:

1. Definition und Aufgaben öffentlicher Büchereien

1.1. Definition

Öffentliche Büchereien sind alle Büchereien, die von Gebietskörperschaften, Interessenvertretungen, Kirchen und von privaten Einrichtungen, die im Sinne des Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes förderungswürdig sind, getragen werden.

Die öffentliche Bücherei ist eine gesellschaftliche Einrichtung, die der Wissensvermittlung, Kommunikation und Unterhaltung dient. Sie soll durch Sammeln, Erschließen und Bereitstellen von Medien den freien Zugang zu selbstgewählter Information sicherstellen und die Kulturtechnik Lesen fördern.

Öffentliche Büchereien

dürfen niemanden aus rassistischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen von der Benützung ausschließen.

Öffentliche Büchereien müssen

  • gemeinnützig geführt werden
  • und durch ihr Angebot und ihre Aktivität sowohl den Bedürfnissen des einzelnen in seiner konkreten Lebenssituation als auch den Bildungserfordernissen einer demokratischen Gesellschaft dienen.
1.2. Aufgaben und Ziele:
  • Sammeln und Aufbereiten einer umfassenden und repräsentativen Auswahl an Literatur und Information in gedruckter oder anderer Form (Medien).
    Das Angebot richtet sich durch seine Vielfalt, Aktualität und Ausgewogenheit an alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen.
  • Unterstützung freier Meinungs- und politischer Willensbildung.
  • Förderung von Chancengleichheit und Zielgruppenarbeit.
    Berücksichtigung von Bevölkerungsgruppen, die das traditionelle Angebot deshalb nicht wahrnehmen, weil es aus Gründen ökonomischer, sozialer, kultureller, sprachlicher, ethnischer, rechtlicher, physischer und psychischer Benachteiligung nicht ihren informatorischen, kommunikativen und kulturellen Bedürfnissen, Gewohnheiten oder Möglichkeiten entspricht.
  • Beitrag zu den Kommunikationsmöglichkeiten verschiedener Bevölkerungsgruppen. Dazu ist die Kontaktarbeit und Kooperation mit anderen Instituten und Gruppen erforderlich und anzustreben.
  • Beitrag zur Information der Bürger/innen in Fragen des Alltags-, Berufs- und Gemeindelebens.
  • Gestaltung von Freizeit und Unterhaltung.
  • Förderung der Aus-, Fort- und Weiterbildung.
  • Beitrag zur Leseförderung und Buchkultur.

2. Standard öffentlicher Büchereien:

Folgende Mindeststandards sollen durch die Förderung des Bundes, der Länder und der Büchereiträger erreicht werden:

Bücherei:

Büchereigröße:
1 m2 pro 20 Jahresleser (bei Neugründung von Gemeindebüchereien: 15% der Einwohner als Maßstab)
+ 1 m2 pro 100 Medien (mindestens 1000 Bände)
+ Arbeitsraum
Bei Neugründungen mindestens aber 75 m2

Büchereileiter:
Ausbildung zum
ehrenamtlichen (EA)
nebenberuflichen (NB)
hauptberuflichen (HA)
Hauptberuflicher Bibliothekar innerhalb von 3 Jahren

weitere Bibliothekare:
Ausbildung zum EA/NB/HA/Bibliothekar erwünscht
nach Möglichkeit mindestens 3 Bibliothekare pro Bücherei,
ab 5000 Medien mindestens eine halbe bibliothekarische Beschäftigung
ab 10000 Medien mindestens eine bibliothekarische Beschäftigung

Verwaltung:
gemäß den Ausbildungsskripten für ehrenamtliche bzw. hauptamtliche Bibliothekare

Öffnungszeiten:
mindestens zweimal pro Woche an verschiedenen Tagen
mindestens vier Stunden pro Woche
Öffnungszeiten sollen Zugang für möglichst viele Bevölkerungsgruppen sicherstellen.

Medienbestand:
1000 Medien pro Bücherei (innerhalb von 5 Jahren)
mindestens 1 Band pro Einwohner/Beschäftigten des Einzugsgebietes
Gesamtbuchbestand soll bei 2 Medien pro Einwohner/Beschäftigten liegen.

3. Richtlinien für die Förderung des Bundes:

Der Bund fördert gesamtösterreichische Einrichtungen, die Grundlagenforschung und innovative Projekte, zentrale Serviceeinrichtungen des Büchereiwesens und Publikationen. Er fördert gemeinsam mit den Ländern regionale Büchereiverbundsysteme und gewährt den Büchereiträgern Zuschüsse zum Personal- und Sachaufwand nach zu erstellenden gemeinsamen Förderungsrichtlinien.
Die Kooperation mit vorhandenen Schulbüchereien ist anzustreben bzw. sollen Schulbüchereien und öffentliche Büchereien gemeinsam errichtet und geführt werden.
Zentrale Dienste sollen definiert und ausgebaut werden.

Diese sind z.B.:

  • Grundlagenforschung
  • Publikationen
  • Besprechungsdienste und Beratung für den Buchbestand
  • Entwicklung von Curricula und von Materialien zur Aus- und Weiterbildung
  • Beratungsdienste für Büchereien bei Büchereiplanung und Organisation sowie für Ausstattungsfragen

4. Gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden sollen regionale Bildungs-, Kultur- und Büchereizentren unter Ausnützung sämtlicher regionaler Kapazitäten exemplarisch eingerichtet und ausgebaut werden. Zur Versorgung regionaler und lokaler Einrichtungen des Büchereiwesens sollen in diesen Zentren hauptberufliche Bibliothekare (Personalsubventionen) angestellt werden. Die Verhandlungen über die Finanzierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sind aufzunehmen.

Es wird ersucht, diesen Erlaß allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Büchereistellen innerhalb der Förderungsstellen des Bundes nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

Wien, 21. April 1994

Der Bundesminister:
Dr. Scholten

Zugeordnete/s Sachgebiet/e

Erwachsenenbildung Volksbüchereiweisen