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Maßnahmenkatalog im Bereich Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf (IBOBB) in der 7. und 8. Schulstufe

Geschäftszahl: BMUKK-36.400/0021-I/2012
SachbearbeiterIn: Mag. Renée Langer
Abteilung: I
renee.langer@bmukk.gv.at
T +43 1 53120-4382
F +43 1 53120-814382

Rundschreiben Nr. 17/2012 (BMBWF)

Verteiler: VIII
Sachgebiet: Pädagogische Angelegenheiten
Inhalt: Neue Regelung: Maßnahmenkatalog im Bereich Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf (IBOBB) in der 7. und 8. Schulstufe
Gesetzliche Grundlage: SchOG §3 Abs.1; § 10 (Volksschuloberstufe); § 16 Abs.1 Zi. 2 (Hauptschule); § 21b Abs.1 Zi. 2 (Neue Mittelschule); § 23 (Allgemeine Sonderschule); § 39 Abs.1a (AHS); SchUG §62 Abs.1; BGBl. II, Nr. 133 und 134/2000 i.d.F. BGBl. II, Nr. 283/2003 (Lehrpläne für Hauptschule und AHS); BGBl. II, Nr. 185/2012 (Lehrplan der Neuen Mittelschule); BGBl. II, Nr. 137 bzw. 290/2008 (Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule)
Geltung: Ab Schuljahr 2012/13 unbefristet

An alle LSR/SSR für Wien

Dieses Rundschreiben ersetzt das Rundschreiben 17/2009, welches hiermit außer Kraft gesetzt wird.

Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf (IBOBB) – Grundsätzliches und wichtige Voraussetzungen:

Gut reflektierte Entscheidungen erweitern die Handlungsspielräume von Mädchen und Buben und erhöhen die Chancen auf Erfolg. Anhand gut begleiteter erster Bildungs- und Berufsentscheidungsprozesse werden Grundkompetenzen – wie die Fähigkeit, Entscheidungen vorbereiten, treffen und umsetzen zu können sowie über eigene Stärken und Schwächen Bescheid zu wissen, sich Ziele zu setzen und zu verfolgen – erworben und gefestigt. Ebenso wichtig ist es, Wissen durch gezielte Informationssuche erweitern, Informationen bewerten und auf persönliche Relevanz prüfen zu können. Die Entwicklung dieser sogenannten „Career Management Skills“ im Unterricht wird ergänzt durch einschlägige Information und Beratung sowie die Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln.

Es ist Aufgabe und Verantwortung jeder Schule, diese Lern- und Entwicklungsprozesse zu unterstützen und zu begleiten. Dazu müssen auch – wie gesetzlich bzw. in den entsprechenden Verordnungen vorgesehen – entsprechend qualifizierte Schülerberater/innen mit Abschluss eines dafür vorgesehenen Lehrgangs (zuletzt geregelt in Rundschreiben Nr. 15/2008) in vollem Umfang tätig sein.

Maßnahmenkatalog im Bereich Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf (IBOBB) in der 7. und 8. Schulstufe

Die folgenden Maßnahmen dienen den Lern- und Entwicklungsprozessen der Schülerinnen und Schüler, stärken deren Entscheidungskompetenzen für die weitere Berufs- und Bildungswahl und verdeutlichen, wie IBOBB an allen Schulen umgesetzt werden soll. Insbesondere das prozesshafte Zustandekommen der Entscheidungen der Schülerinnen und Schüler ist durch ein koordiniertes Zusammenwirken aller Maßnahmen zu unterstützen.

Allgemeine Prinzipien:

1. Standortbezogenes Umsetzungskonzept

Schulleiter/innen haben in Wahrnehmung Ihrer Gesamtverantwortung für die Unterrichts- und Erziehungsarbeit auf ein koordiniertes Zusammenwirken aller Ansätze und Maßnahmen im Bereich IBOBB zu achten. Für diesen Zweck ist ein standortbezogenes Umsetzungskonzept zu erstellen und den Schulpartnern zu kommunizieren.
Die Evaluation der bisherigen Umsetzung von Maßnahmen im Bereich IBOBB legt folgende Aspekte für die Gestaltung des standortspezifischen Umsetzungskonzepts nahe:

  • Zeitliches und inhaltliches Zusammenwirken der Beiträge der einzelnen Unterrichtsgegenstände sowie der einschlägigen Projekte und Schulveranstaltungen bzw. allenfalls schulbezogener Veranstaltungen, sodass der notwendige Prozesscharakter zum Tragen kommt,
    (bei Integration der verbindlichen Übung Berufsorientierung in andere Unterrichtsgegenstände: ergänzt durch die Zuteilung der einzelnen Lehrplaninhalte der Verbindlichen Übung zu den jeweiligen Unterrichtsgegenständen)
  • Zusammenwirken der beteiligten Personen: Lehrer/innen, Schülerberater/innen, externe Fachleute, …
  • Formen der Koordination der Maßnahmen in den einzelnen Klassen und in der Schule insgesamt
  • Maßnahmen der gebotenen Differenzierung und Individualisierung/Personalisierung
  • Zeitpunkt und Form der Präsentation des Konzeptes für Schüler/innen und Eltern
  • Dokumentation und Evaluation: auf Schüler-, Lehrer- und Schulebene
  • benötigte zusätzliche Qualifikationen: Erwerb und Sicherstellung des Transfers ins Kollegium
  • Einbindung der Eltern: als Informationssuchende, als Mitwirkende, …

Die Erstellung und kontinuierliche Weiterentwicklung eines standortspezifischen Umsetzungskonzepts ist bei Beachtung entsprechender Qualitätsmerkmale auch geeignet, im Rahmen der Bilanz- und Zielvereinbarungsgespräche zwischen Schulleitung und Schulaufsicht als Teil der schulischen Qualitätsentwicklung (im Rahmen von SQA) betrachtet zu werden.

2. Breite Umsetzung

Die Maßnahmen müssen auf mehreren Ebenen und auf verschiedene Arten ansetzen:

  • Im Unterricht der Pflichtgegenstände durch die Förderung von Grundkompetenzen für das Treffen von selbstverantwortlichen Bildungs- und Berufsentscheidungen. Das sind vor allem:
    • Fähigkeit zur Selbstreflexion (insbesondere hinsichtlich der eigenen Interessen, Stärken/Schwächen und Wünsche)
    • Fähigkeit, eigene Ziele definieren und verfolgen zu können
    • Kenntnis von Methoden der Informationsrecherche und –Bewertung
    • Entscheidungsfähigkeit (inklusive Fähigkeit zur Gestaltung von Entscheidungsprozessen und Umgang mit mehrdimensionalen, teils auch widersprüchlichen Entscheidungsgrundlagen).
  • In der verbindlichen Übung „Berufsorientierung“ in der 7. und 8. Schulstufe: Unabhängig von der jeweiligen Umsetzungsform (eigenes Fach, integrativ, projektorientiert) ist darauf zu achten, dass der Lehrplan sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht erfüllt wird.
  • Zusätzlich kann die unverbindliche Übung/der Freigegenstand „Berufsorientierung“ ganzjährig, kursmäßig oder geblockt geführt und auf Interessen und Bedürfnisse der Schüler/innen ausgerichtet werden.
  • Im Rahmen von Projekten und Realbegegnungen.
  • Durch Information und Beratung seitens der Schüler- bzw. Bildungsberater/innen.

Das Mit- und Zusammenwirken möglichst vieler Lehrer/innen ist erforderlich, ergänzt durch die Schülerberater/innen und allfällige externe Fachkräfte (z.B. Jugendcoaches). Die Umsetzung muss den Prozesscharakter der Berufsorientierung berücksichtigen und hat den Anspruch, allen Schüler/innen in ihrer individuellen Situation gerecht zu werden.

3. Koordination von IBOBB-Maßnahmen

Insbesondere im Bereich des Berufsorientierungsunterrichtes ist Koordination unerlässlich, um das nötige Zusammenwirken der unterschiedlichen Maßnahmen zu gewährleisten. Die Verantwortung dafür liegt bei der Schulleitung; diese kann auch – im Einvernehmen – eine entsprechend qualifizierte Lehrkraft mit der Koordinationsaufgabe beauftragen. Diese Aufgabe ist nicht ident mit der Schülerberatung. Es ist wünschenswert, dass an jeder Schule mindestens eine Lehrkraft über eine einschlägige Qualifikation zur Berufsorientierungs-Koordination verfügt. Entsprechende Lehrgänge werden an den Pädagogischen Hochschulen angeboten.

Weitere Aspekte:

4. Hinweise zu verbindlichen Realbegegnungen

Die im Berufsorientierungs-Lehrplan verankerten Realbegegnungen umfassen berufspraktische Tage bzw. Wochen, Betriebserkundungen, Exkursionen zu Bildungseinrichtungen im sekundären und tertiären Bereich sowie den Besuch von Informations- und Beratungszentren. Derartige Veranstaltungen bieten die Möglichkeit für persönliche Erfahrungen und Eindrücke, die ein wichtiger Faktor in der Entscheidungsfindung sind.

  1. Gemeinsam organisiert (als Schulveranstaltung):
    • Ein Umfang von insgesamt 30 Unterrichtseinheiten in der 7. und 8. Schulstufe wird empfohlen.
    • Jede Schülerin und jeder Schüler soll einmal – in der 7. oder 8. Schulstufe – ein BerufsInfoZentrum der Sozialpartner oder des Arbeitsmarktservice besuchen.
  2. Individuelle Berufs(bildungs)orientierung lt. §13b SchUG:
    • Bis zu 5 Tage in der 8. Schulstufe sind möglich.

5. Bewerbungstrainings

Bewerbungstrainings bzw. die Vorbereitung auf Bewerbungen (Lebenslauf, Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgespräch, ....) unterstützen die Umsetzung der Entscheidung.

6. Begleitende Dokumentation

Geeignete Formen der Dokumentation unterstützen die Schüler/innen darin, das beabsichtigte Zusammenwirken der Maßnahmen und die Prozesshaftigkeit der Berufsorientierung zu erkennen. Mögliche Instrumente sind z.B. Portfolio, BO-Mappe o.Ä. (siehe: http://www.bmukk.gv.at/bo unter „Begleitende Dokumentation“).
Auf Schulebene ist eine nachvollziehbare und begleitende Dokumentation der koordinierten Umsetzung zu führen.

7. Einbeziehung der Eltern / Erziehungsberechtigten als Partner

Auf die wichtige Rolle der Eltern bei Bildungs- und Berufsentscheidungen soll Bedacht genommen werden.

  1. Bereits beim Eintritt in die NMS/HS bzw. AHS, jedoch spätestens am Beginn der 7. Schulstufe: Information der Eltern über das standortbezogene Umsetzungskonzept, die Art und das Zusammenwirken der geplanten Unterstützungsmaßnahmen (z.B. im Rahmen von Elternabenden).
  2. Information der Eltern spätestens am Beginn der 8. Schulstufe über:
    • die Bildungsangebote nach der 8. Schulstufe,
    • die Möglichkeiten der dualen Berufsausbildung,
    • die Möglichkeit der individuellen Berufsorientierung gemäß §13b SchUG und den organisatorischen Ablauf dazu.
  3. Hinweise auf Informationsveranstaltungen im regionalen Umfeld:
    • Informationsveranstaltungen (z.B. Tage der offenen Tür) von Bildungsanbietern,
    • Bildungs- und Berufsinformationsmessen,
    • Informationsveranstaltungen an Berufsinformationszentren.
  4. Einbeziehung von Eltern als Berufspraktiker/innen in Berufsorientierungsmaßnahmen.

8. Informationstätigkeit der Schülerberaterin / des Schülerberaters

In den Grundsatzerlässen zur Schüler- und Bildungsberatung für die einzelnen Schularten (siehe RS Nr. 34 und 36/1993) ist als Kernaufgabe der Schüler- und Bildungsberatung die Information der Schülerinnen und Schüler über weitere Bildungswege als Orientierungshilfe und Entscheidungsvorbereitung festgelegt. Da Bildungsberatung Teil der Bildungsaufgabe von Schule ist und zu den Pflichten des Schulleiters bzw. der Schulleiterin sowie aller Lehrpersonen gehört, sind die Schülerberater/innen bei dieser Tätigkeit entsprechend zu unterstützen.

Informationen für Schüler/innen erfolgen im Ausmaß von jeweils mindestens einer Unterrichtsstunde, im Zusammenwirken mit den Klassenvorständen und weiteren Lehrerinnen und Lehrern

  1. im ersten Semester der 7. Schulstufe:
    • Erklärung des Prozesscharakters von Bildungsentscheidungen,
    • schulische und außerschulische Hilfestellungen und Angebote,
    • Vorstellung der grundsätzlichen Optionen für Bildungs- und Berufswege nach der 8. Schulstufe;
  2. im ersten Semester der 8. Schulstufe:
    • detaillierte Information über mögliche Bildungswege nach der 8. Schulstufe (weiterführende Schulen, duale Ausbildung, integrative Berufsausbildung, Teilqualifizierungslehre),
    • Information über entsprechende Bildungsstätten im regionalen Umfeld,
    • Information über Quellen und Methoden von Bildungs- und Berufsinformationsrecherchen (Internet, Informations- und Beratungsmöglichkeiten).

Um Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit individueller Informationsrecherchen an der Schule zu bieten, soll nach Möglichkeit (z.B. im Rahmen der Schulbibliothek) eine „Informationsecke“ zur Bildungs- und Berufsplanung mit entsprechenden Büchern und Broschüren sowie Computern mit Internetzugang eingerichtet werden.

9. Beratungstätigkeit der Schülerberaterin / des Schülerberaters

Im Schulorganisationsgesetz (§3, Abs. 1) ist festgelegt, dass Schülerinnen und Schüler jeweils über den nach ihren Interessen und Leistungen empfehlenswerten weiteren Bildungsweg zu beraten sind. Diese grundsätzliche Aufgabe von Schule betrifft jede Schulart und als allgemeine Bildungsaufgabe von Schule grundsätzlich alle Lehrer/innen.

  1. Information über die Beratungsmöglichkeit: Schüler/innen und deren Eltern sind Zeit und Ort der Beratungsmöglichkeiten nachweislich und in geeigneter Weise bekanntzugeben.
  2. Sicherstellung des niederschwelligen Zugangs: Die Beratungszeiten sind so anzusetzen, dass sie potenziell von allen Schüler/innen ohne Barrieren wahrgenommen werden können.
  3. Rahmenbedingungen und Infrastruktur: Für die Beratungen soll ein eigenes Zimmer mit geeigneter Infrastruktur (Computer mit Internetzugang) zur Verfügung stehen.

Die Schüler- bzw. Bildungsberater/innen haben zur Erfüllung dieser Aufgabe eine in den genannten Grundsatzerlässen verankerte spezielle Weiterbildung und einen entsprechenden Auftrag. In der Schule sind die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Die Umsetzung von IBOBB wird durch zwei Websites unterstützt, die eine Fülle an Anregungen, Tipps und Materialien bieten:
http://www.bmukk.gv.at/bo sowie http://www.schule.at/gegenstand/ibobb/
Dort ist auch das Grundsatzpapier des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur zum Ausbau der Berufsorientierung und Bildungsberatung zu finden, in dem das Grundanliegen der Orientierungskompetenz und aktuelle Initiativen dargestellt werden.

Es wird ersucht, dieses Rundschreiben allen Schulen mit 7. / 8. Schulstufen und deren Lehrer/innen nachweislich zur Kenntnis zu bringen und seine Umsetzung zu unterstützen.

Wien, 10. September 2012

Die Bundesministerin:
Dr. Claudia Schmied

Zugeordnete/s Sachgebiet/e

Pädagogische Angelegenheiten